
JUDIKATUR
Causa Engelmann, C-64/08
Jüngstes Urteil des EuGH, das für den Glücksspielsektor hohe Relevanz aufweist, ist die Rs C-64/08 (Engelmann). Ihr liegt ein Vorabentscheidungsersuchen des Landesgerichts für Strafsachen Linz als Berufungsgericht zu Grunde, das "Zweifel an der Vereinbarkeit der Bestimmungen des StGB in Verbindung mit den österreichischen Vorschriften über Glücksspiele mit dem Unionsrecht, insbesondere mit den Art. 43 EG und 49 EG" hegte.
Der deutsche Staatsbürger Engelmann hatte in Österreich ohne Konzession oder eine sonstige behördliche Genehmigung Spielcasinos, in deren Rahmen er uA die Spiele "Observationsroulette" sowie "Poker" angeboten hatte, betrieben und wurde vom Bezirksgericht Linz wegen Verstoßes gegen § 168 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt.
In concreto betraf das Vorabentscheidungsersuchen des Landesgerichts Linz folgende Themenkomplexe: Erstens die Vereinbarkeit einer innerstaatlichen Vorschrift, die für den Betrieb von Glücksspielen in Spielbanken die Rechtsform der Aktiengesellschaft und einen Sitz im betreffenden Mitgliedstaat vorschreibt mit Art 43 EGV (Niederlassungsfreiheit).
Zweitens die Vereinbarkeit eines innerstaatlichen Monopols auf bestimmte Glücksspiele, wenn es - so das Landesgericht - "insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt" mit Art 43 EGV und Art 49 EGV (Dienstleistungsfreiheit).
Drittens die Frage, ob die zuvor genannten Art des EGV einer Vorschrift entgegenstehen, nach der sämtliche Glücksspielkonzessionen für 15 Jahre auf Grund einer Regelung vergeben werden, die Mitbewerber des Gemeinschaftsraumes, die nicht dem Mitgliedstaat zugehörig sind, ausschließt.
Während der EuGH die Beurteilung einer allfälligen Rechtsformpflicht den nationalen Gerichten zuschiebt, beurteilt er den "kategorischen Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, als unverhältnismäßig […]" und demgemäß als unvereinbar mit Art 43 EGV.
Die Vergabe von Konzessionen für eine Dauer von bis zu 15 Jahren qualifiziert der EuGH auf Grund der hohen mit der Gründung einer Spielbank verbundenen Investitionskosten als gerechtfertigt. In Bezug auf die Ausschreibung liegt nach Ansicht des EuGH auf Grund des vorliegenden Sachverhalts nicht eine
diskriminierende Ausschreibung sondern eine Konzessionserteilung ohne Ausschreibung vor, in der er eine Verletzung des Transparenzgebotes sieht. Letztgenanntes konstruiert der EuGH aus einer Zusammenschau der Art 43 und 49 EGV, dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.
Da der EuGH im Rahmen der hier hauptsächlich interessierenden Rechtssache die Beurteilung eines innerstaatlichen Monopols auf bestimmte Glücksspiele nicht konkret vornimmt, sei an gegebener Stelle auf die Rs C-46/08 (Carmen Media Group Ltd) verwiesen. In genannter Entscheidung wird ausgeführt, dass ein nationales Gericht zu der Ansicht gelangen kann,
dass aufgrund einer "Politik der Angebotserweiterung" ein (grundsätzlich zulässiges) Monopol auf bestimmte Glücksspiele dann nicht mehr dazu geeignet ist, "die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten", wenn es nicht dazu "beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen."
Zfg-Redaktion
Mag. Christoph Schlintner und Mag. Gernot Posch
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